Konsistente Terminologie in unterschiedlichen Anwendungen
TippyTerm – Einsatzmöglichkeiten und Funktionen
von Birgit Wöllbrink
Terminologie extrahieren, zentral verwalten und pflegen, und auch noch in allen möglichen Anwendungen prüfen – das möchten viele Unternehmen. Kann ein einziges Werkzeug allen diesen Anforderungen gerecht werden, zumal wenn es nicht allzu viel kosten soll
TippyTerm ist ein Programm, das vom Konstanzer Unternehmen Syskon entwickelt wurde, um die Erstellung konsistenter Texte zu unterstützen. Sobald die Anwendung auf einem Rechner gestartet wurde, ist im oberen Bildschirmbereich die TippyTerm-Leiste aktiv. Mit ihrer Hilfe kann der Anwender jederzeit für einzelne Benennungen prüfen, ob sie für seinen Text erlaubt oder verboten sind. Dazu übernimmt er sie entweder direkt aus der Zwischenablage in das Suchfeld oder tippt sie dort ein. Hat er eine verbotene Benennung verwendet, wird ihm die erlaubte Variante angezeigt, die er direkt in seinen Text übernehmen kann. Gibt der Nutzer nur ein Wortfragment ein, werden alle Einträge aufgelistet, die dieses Fragment enthalten. Durch Anklicken des passenden Eintrags kann der Autor TippyTerm auch zum automatischen Vervollständigen von Wörtern beim Schreiben verwenden. Zur Prüfung gesamter Dokumente, zur Terminologieextraktion sowie für verschiedene Verwaltungsaufgaben ruft der Nutzer über eine Schaltfläche die TippyTerm-Verwaltung auf.
Zielgruppe
Wer Texte verfasst und auf dessen Rechner TippyTerm installiert ist, kann die Terminologieprüf- und Extraktionsfunktion sowie das automatische Vervollständigen von Benennungen nutzen, um die Textqualität zu optimieren. Dabei ist es unerheblich, mit welcher Software der Nutzer arbeitet. Die TippyTerm-Leiste lässt sich aus Office- und DTP-Anwendungen genauso ansteuern wie aus Grafikprogrammen oder SAP.
TippyTerm kann auch für fremdsprachige Texte genutzt werden, wenn die entsprechenden Daten hinterlegt sind. Das Programm ist als Einzelplatz- oder Serverlösung verfügbar, sodass bei mehreren Nutzern alle auf die gleichen, zentral gepflegten Daten zurückgreifen.
Datenstruktur
Zur Strukturierung der hinterlegten terminologischen Daten arbeitet TippyTerm mit „Kunden“, denen eine oder mehrere „Terminologien“ zugeordnet werden. Diese Terminologien werden benennungsorientiert verwaltet und bestehen aus einer Positivliste mit erlaubten Benennungen sowie jeweils einer zugehörigen Negativliste mit verbotenen Benennungen (zum Unterschied zwischen benennungs- und begriffsorientierten Eintragsmodellen siehe [1], [2]). Einer erlaubten Benennung der Positivliste können über die Negativliste beliebig viele verbotene Benennungen zugeordnet werden. Ist eine Terminologie mehrsprachig angelegt, gibt es beide Listen für jede Sprache und zusätzlich eine Übersetzungsliste, die Einträge der Positivlisten für die einzelnen Sprachen miteinander in Beziehung setzt.
Eine Benennung in der Positivliste repräsentiert also die „Vorzugsbenennung“ für den Begriff. Als Zusatzinformationen zu einer hier erfassten Benennung können eine ebenfalls erlaubte „Abkürzung“ sowie eine „Beschreibung“ erfasst werden. Diese Beschreibung kann Links enthalten, die zum Beispiel auf Grafiken oder URLs verweisen.
Benennungen in der Negativliste können als zusätzliche Information eine „verbotene Abkürzung“ sowie eine „Beschreibung“ enthalten.
Datenaustausch und -pflege
Positiv-, Negativ- und Übersetzungslisten werden entsprechend der beschriebenen Struktur über Tabellen mit fest vorgegebenen Spalten importiert (CSV, XLS, DOC, TXT) und exportiert (CSV). Sind beim Import zusätzliche Tabellenspalten vorhanden, werden diese nicht mit übernommen.
Beim Import entscheidet der Anwender, ob eine schon vorhandene Liste gelöscht und durch die neue ersetzt oder ob vorhandene und neue Listen zusammengeführt werden. TippyTerm gleicht dabei bereits vorhandene Einträge mit neuen ab. Ein Editieren von einzelnen Einträgen in den Terminologien ist je nach Nutzerrolle auch in der Anwendung selbst möglich.
Nutzerrechte und Administration
Die Nutzerrechte lassen sich in drei Stufen vergeben: „Benutzer“ können Terminologien durchsuchen, Texte oder einzelne Ausdrücke prüfen, Benennungen aus Texten extrahieren und als Word-Dokument speichern sowie Vorschläge für neu aufzunehmende „positive“ oder „negative“ Benennungen machen.
Wer für eine Terminologie als „Verantwortlicher“ eingesetzt ist, hat zusätzlich das Recht, den Inhalt dieser Terminologie sowie Vorschläge anderer Benutzer zu bearbeiten. Er darf extrahierte Benennungen innerhalb des Systems bearbeiten und in der zugehörigen Terminologie speichern.
„Administratoren“ vergeben Nutzerrechte, legen „Kunden“ und neue Sprachen an, bestimmen die Mastersprachen, sehen alle Vorschläge für alle Terminologien (unabhängig von der Verantwortlichkeit), können Terminologien komplett löschen, legen fest, welche Datenbank verwendet wird, und ändern falls nötig das Administrator-Passwort.
Suchen, prüfen und ersetzen
In der TippyTerm-Verwaltung wählt der Nutzer die Terminologien und Sprachen, die TippyTerm bei der Suche berücksichtigen soll. Dabei können zwei Terminologien gleichzeitig aktiv sein, um zum Beispiel eine Basisterminologie, die für alle Projekte gilt, mit einer speziellen, projektbezogenen Terminologie zu erweitern.
Abb. 1: TippyTerm-Leiste mit Trefferliste, Positivliste, Negativliste und Detailanzeige
Bei der Arbeit im Text nutzt der Autor die TippyTerm-Leiste: Gibt er ein Wort oder ein Wortfragment mit mindestens drei aufeinanderfolgenden Buchstaben in das Eingabefeld (1) ein, öffnet sich automatisch die Trefferliste (2). Sie zeigt alle zur Sucheingabe gefundenen Treffer, und zwar sowohl erlaubte Benennungen als auch Benennungen, die ersetzt werden sollen, zum Beispiel „Fahrrad (statt Rad)“.
Alternativ kann der Anwender für die entsprechenden Einträge die Positivliste (3) oder Negativliste (4) öffnen. Zeigt der Anwender mit der Maus auf einen Eintrag aus Trefferliste (2) oder Positivliste (3), kann er über die Taste F1 die Detailanzeige (5) öffnen. Hier sieht er, welche Zusatzinformationen oder Übersetzungen zu dieser Benennung hinterlegt sind. Wählt der Anwender einen Eintrag in der Negativliste (4), bekommt er nur den entsprechenden Eintrag der Positivliste zur Auswahl.
Klickt er einen Listeneintrag an, ersetzt die erlaubte Benennung automatisch die markierte Stelle in seinem Text. Wenn für eine Benennung eine Abkürzung hinterlegt ist, erscheint eine Abfrage, ob das Wort, die Abkürzung oder beide in den Text eingefügt werden sollen.
TippyTerm kann auch helfen, fremdsprachige Äquivalente für Benennungen zu finden und im Text zu ersetzen, wenn Terminologien in den entsprechenden Sprachen hinterlegt und aktiv sind. Beispiel: Wird in der Ausgangssprache „Fahrrad“ in das Eingabefeld der TippyTerm-Leiste übernommen, schlägt die Trefferliste die erlaubte zielsprachige Entsprechung vor: „bike (statt Fahrrad)“.
Terminologie vorschlagen
Benutzer, die bei der Suche in TippyTerm nicht fündig werden und keine Schreibrechte haben, um fehlende Benennungen selbst zu ergänzen, können diese zur Aufnahme in Positiv- oder Negativliste einer bestimmten Terminologie vorschlagen. Hierzu dient ein Formular, in das der Benutzer die gewünschte Benennung eingibt und eventuell um eine Abkürzung oder eine Beschreibung ergänzt. Der Terminologieverantwortliche erhält eine Meldung über alle Vorschläge, die er noch nicht bearbeitet hat, und kann diese einpflegen oder verwerfen.
Ganze Dokumente prüfen
Mit der Funktion „WordCheck“, dargestellt in Abbildung 2, kann der Anwender Word-Dokumente oder andere offene Textdokumente auf nicht erlaubte Benennungen prüfen. Ergebnis ist ein Word-Dokument mit farbigen Markierungen. Hat der Nutzer die Option „Markieren und Ersetzen“ gewählt, kann er zu jeder verbotenen Benennung ein Detailfenster aufrufen und sie dann durch die erlaubte Variante ersetzen.
Abb. 2: TippyTerm-Verwaltung und Ergebnisse WordCheck
Terminologie extrahieren
TippyTerm enthält eine einfache Extraktionsfunktion, die Benennungen aus einem Text im Word- oder TXT-Format extrahiert. Das Ergebnis ist eine alphabetische Auflistung aller Wörter aus dem Text, die nicht in einer Stoppwortliste enthalten sind – siehe Abbildung 3.
Eine deutsche Stoppwortliste wird mitgeliefert, sie kann vom Anwender geändert oder durch eine andere, beispielsweise fremdsprachige Liste ersetzt werden. Zusätzlich kann der Benutzer alle Benennungen aus aktiven Terminologien ausschließen. Die Extraktion ist beschränkt auf Einwortbenennungen, Benennungen mit Binde- oder Trennstrich gelten dabei als ein Wort. Leerzeichen oder Gedankenstrich werden als Beginn eines neuen Worts interpretiert, sodass Mehrwortbenennungen nicht extrahiert werden.
Ein Anwender mit dem Status „Benutzer“ kann die alphabetische Ergebnisliste nach Word exportieren, „Verantwortliche“ dürfen damit auch ihre Terminologien ergänzen oder ersetzen.
Abb. 3: TippyTerm-Funktion TermExtract
Qualität von Anleitung und Oberfläche
Beim Setup installiert sich ein über 100 Seiten starkes Handbuch im PDF-Format, das anstelle einer Online-Hilfe auch direkt über die TippyTerm-Leiste aufgerufen werden kann. Es ist zielorientiert und handlungsanleitend aufgebaut und führt den Anwender sicher durch die Funktionen.
In den Bedienoberflächen der TippyTerm-Leiste und dem Verwaltungsdialog wird der Nutzer durch Tooltipps, kommentierte Felder und verständliche Meldungen zusätzlich sehr gut unterstützt.
Praxistauglichkeit und Einarbeitungsaufwand
Eine gute Unterstützung bietet die TippyTerm-Leiste, indem sie dem Anwender direkt beim Schreiben mit Vorschlägen und der Einfügefunktion weiterhilft: Anstatt erst eine unerwünschte Benennung zu schreiben und sie nachträglich zu korrigieren, kann der Anwender gleich die erlaubte Benennung aus der Vorschlagsliste einfügen. Dabei muss er allerdings berücksichtigen, dass das Programm ohne linguistisches Wissen arbeitet: So werden bei der Textprüfung unregelmäßig flektierte Formen (Fahrrad – Fahrräder) nicht markiert, während regelmäßige Flexionen (Fahrrad – Fahrrads) mit der Funktion WordCheck erkannt werden. Werden Benennungen in Texten ersetzt, muss der Autor die Grammatik manuell anpassen. Extrahiert der Autor Terminologie aus einem Text, kann das System die Termkandidaten nicht auf ihre Grundform zurückführen, sondern listet sie in allen gefundenen Formen auf.
Dem Terminologieverantwortlichen ermöglicht die benennungsorientierte Terminologieverwaltung in Positiv- und Negativlisten, dass er das System schnell überblickt und ohne große Vorüberlegungen zur Datenbankkonzeption mit der Terminologiearbeit starten kann. Ganz pragmatisch erfasst er seine erlaubten „Vorzugsbenennungen“ sowie alle nicht erwünschten Synonyme. Dabei meldet TippyTerm sofort, wenn eine Benennung eingetragen werden soll, die schon in einer der Listen enthalten ist. Doubletten werden damit vermieden.
Die Kehrseite dieser Datenhaltung macht sich allerdings bemerkbar, wenn eine Terminologie Homonyme enthält. So könnte eine Terminologie zum Beispiel „Rad“ als Kurzform von „Fahrrad“ enthalten sowie als Bezeichnung eines „Rollkörpers“. Beide Benennungen wären also „erlaubt“, aber für unterschiedliche Begriffe. In die benennungsorientierte TippyTerm-Positivliste kann „Rad“ aber nur einmal eingetragen werden. Begriffe mit homonymen Benennungen lassen sich also nicht sauber abbilden. Hierfür müsste das System auf eine begriffsorientierte Struktur zurückgreifen, die sich nicht nur in komplexen Terminologieverwaltungssystemen, sondern auch in tabellarischer Form realisieren lässt [3]. Eine solche Struktur käme auch einem einfacheren Datenaustausch mit anderen Systemen zugute.
Alternativen
Auf der Suche nach einem „All-in-one-System“ für Terminologieverwaltung, -prüfung und -extraktion landet man schnell bei Systemen im oberen Preissegment, die sich technisch allerdings grundlegend von TippyTerm unterscheiden. Denn diese Systeme arbeiten mit linguistischen Ressourcen und können daher auch mit unregelmäßigen Wortbildungen umgehen. Außerdem bieten sie auch die Prüfung von Stilregeln sowie eine ausgefeilte Terminologieextraktion.
Wenn eine einfache Prüfung von Terminologie ohne linguistische Intelligenz genügt, bietet der Markt verschiedene Systeme, die auf der Basis von Erlaubt-Verboten-Listen arbeiten. Die meisten Terminologieprüfprogramme funktionieren allerdings nur gemeinsam mit bestimmten Editoren, in die sie als Plug-in integriert werden. Informationssammlungen und Kurzbeschreibungen verschiedener Lösungen zur Verwaltung, Prüfung und Extraktion von Terminologie finden sich auch im Internet – siehe [4] und [5].
Fazit
Da Lösungen mit komplexer Terminologieverwaltung und linguistischer Intelligenz sowohl konzeptionelle Vorarbeiten als auch größere Investitionen erfordern, werden sie bisher nicht flächendeckend eingesetzt. Sollen konsistente Dokumente erstellt werden, ist aber die Prüfung von Terminologie unverzichtbar. Hier kann eine einfache Lösung wie TippyTerm helfen: Die Investition hält sich bei einem nicht zu großen Nutzerkreis in Grenzen, und der Anwender kann sofort mit der Terminologiearbeit loslegen. Dafür nimmt er die Nachteile einer benennungsorientierten Datenhaltung mit fest vorgegebener Struktur in Kauf.
Die Besonderheit von TippyTerm liegt in der universellen Verwendbarkeit mit verschiedenen Anwendungen. Nahezu jeder Mitarbeiter kann in seiner Softwareumgebung zur unternehmensweit konsistenten Erstellung von Dokumenten beitragen.
Links/Literatur
[1] Schmitz, K.-D. (2001): Systeme zur Terminologieverwaltung. Funktionsprinzipien, Systemtypen und Auswahlkriterien. In: technische kommunikation, H. 2, S. 34–39.
[2] Wöllbrink, B. (2008): Tools für Terminologiemanagement. In: Schriften zur technischen Kommunikation, S. 80–92.
[3] Deutscher Terminologie-Tag e. V. (Hrsg.) (geplant für April 2010): Best Practices für die Terminologiearbeit.
[4] Deutsches Terminologie-Portal des Instituts für Informationsmanagement der FH Köln:www.termportal.de/Werkzeuge
[5] Technische Dokumentation, Terminologie & Open-Source – Tipps und Trends aus der Technischen Dokumentation und angrenzenden Fachgebieten: www.dokumentation-terminologie.de/terminologiemanagement-systeme-uberblick.html
Informationen, Preise und Voraussetzungen
Hersteller
• Syskon Systemlösungen GmbH
• www.tippyterm.de
Preise
• 1 Lizenz: 179 Euro
• 2–9 Lizenzen: 129 Euro
• Ab 10 Lizenzen: 99 Euro (Preise zzgl. MwSt.)
System-/Softwarevoraussetzungen
• Pentium 266 MHz oder höher
• Windows 2000, Windows XP oder Windows Vista
• Arbeitsspeicher 64 MB RAM
• Festplattenspeicher mindestens 40 MB
Getestet wurde Version 1.5.0 (+ ein Update) unter MS Windows XP
Birgit Wöllbrink, Dipl.-Fachübersetzerin, ist seit 1996 als Projekt- und Übersetzungsmanagerin im Bereich der Technischen Dokumentation tätig. Seit 2005 arbeitet sie für TermSolutions, schwerpunktmäßig in Beratungsprojekten im Bereich Terminologie- und Übersetzungsmanagement. Im Rahmen der Einführung von unternehmensweiten Terminologie- und Übersetzungsmanagementprozessen befasst sie sich vor allem mit der Erarbeitung von Terminologieleitfäden, Terminologieextraktion sowie mit Translation Memorys und den Schnittstellen zwischen Technischer Redaktion und Übersetzung.
Birgit Wöllbrink
TermSolutions – Terminology Solutions & Services
woellbrink@termsolutions.de
www.termsolutions.de