Bedeutung eines einheitlichen Terminologiemanagements

Bedeutung eines einheitlichen Terminologiemanagements

Ein wesentlicher Bestandteil des Konstruktionsprozesses sind technische Dokumentationen, die die Maschinen und Anlagen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg begleiten – vom Pflichtenheft bis zur Betriebs- und Wartungsanleitung. Diese müssen das oft sehr komplexe Produkt leicht verständlich und eindeutig beschreiben und gleichzeitig den aktuellen rechtlichen Bestimmungen entsprechen. Vor dem Hintergrund steigender Qualitätsanforderungen und verschärfter Produkthaftung gewinnt dabei die konsequente Einhaltung einer einheitlichen Fachterminologie zunehmend an Bedeutung. Sie trägt dazu bei, das schnelle Verständnis der Zusammenhänge zu ermöglichen, Verwechslungen zu vermeiden und somit Kosten zu reduzieren. Kosten, die bei Wiederholung von sprachlichen Missverständnissen auch mehrfach entstehen können.

Terminologiemanagement ist die Voraussetzung für einheitliche Benennungen in Konstruktionszeichnungen. Viele Unternehmen behandeln dieses Thema trotzdem immer noch sehr stiefmütterlich. Häufig fehlt es an einer für alle verbindlich festgelegten Firmenterminologie und die unbedingt notwendige abteilungsübergreifende Akzeptanz müsste erst noch geschaffen werden. Gleichzeitig gilt die Anschaffung einer komplexen Terminologiesoftware sowie personalseitig die Schaffung der Stelle eines Term-Managers als zu großer, vermeidbarer Kostenfaktor. Dabei verlieren die Unternehmen aus den Augen, dass der Verzicht auf ein systematisches Terminologiemanagement ebenfalls Kosten verursacht bzw. im Ernstfall richtig teuer werden kann. So verärgern unprofessionell erstellte technische Dokumentationen Kunden, verzögern missverständlich benannte Funktionsgruppen und Module die Produktion der Anlage, verlängern Anlernphasen und erhöhen schließlich den Aufwand für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten. Kommt es aufgrund einer mangelhaften, missverständlichen Bedienungsanleitung zu Folgeschäden durch die Fehlbedienung einer Anlage oder eines Geräts, kann der Inhalt des Dokuments entscheidend für die juristische Bewertung der Haftungsfrage sein. Geschehen sogar Unfälle, geht schnell das Vertrauen verloren und der Ruf des Unternehmens steht auf dem Spiel. Wer hier am falschen Ende spart, zahlt am Ende womöglich drauf.

Darüber hinaus sind für den Erfolg eines Produkts im Ausland und die Konformität einer Anlage mit der Maschinenrichtlinie verständliche Übersetzungen ausschlaggebend. Hierbei darf auf einheitliche Terminologielisten, die neben den Fachtermini auch deren bestimmungsgemäße Verwendung erklären, ohnehin nicht verzichtet werden. Ist der deutsche Quelltext in seinem Sprachgebrauch unklar, ist vorprogrammiert, dass der Übersetzer in der Eile die falsche Interpretation wählt oder sich der Übersetzungsprozess durch laufende Rückfragen sehr in die Länge zieht. Wird dagegen von Beginn an auf ein übersetzungsgerechtes Schreiben mit einheitlich verwendeter Terminologie geachtet, erübrigen sich aufwändige Recherchen und das Risiko fehlerhafter Übersetzungen wird minimiert. Gleichzeitig nimmt die Kundenzufriedenheit zu, bei verringerten Übersetzungskosten, also steigendem Ebit. Für international tätige Konstruktionsunternehmen sind das nicht zu unterschätzende Wettbewerbsvorteile.

Terminologiemanagement für die Konstruktion

Der Konstruktionsabteilung kommt eine besondere Bedeutung bei der Definition von Benennungen für Bauteile und Funktionsgruppen zu, da hier die technischen Zeichnungen entstehen, auf die sich später technische Redakteure bei der Erstellung der Kundendokumentation beziehen. Es kommt darauf an, dass schon in den Stücklisten im Produktionssteuerungssystem, in den technischen Zeichnungen und in den Stromlauf- und Hydraulikplänen die korrekten Benennungen konsequent verwendet werden. Es darf nicht passieren, dass in der Eile mal eben eine temporäre Benennung in die Zeichnung einfließt, denn später wird es keine Zeit mehr für Korrekturen geben – das nächste Projekt mit den neuen Terminen drängt in der Regel bereits nach. Eine festgelegte Terminologie muss also bereits in den Anfangsphasen eines Projekts allen zur Verfügung stehen, die Text erstellen und verwenden.

Ein Beispiel: Wem ein ausgereiftes Terminologiemanagement nützt

Damit mehrere Millionen Menschen täglich per Post kommunizieren können, bedarf es nicht nur eines reibungslosen logistischen Ablaufs, auch ein beträchtlicher technischer Aufwand steckt dahinter. Nur so kann allein ein Unternehmen wie die Deutsche Post täglich mehr als 70 Millionen Briefsendungen, 2,5 Millionen Paketsendungen pro Woche sowie 7 Milliarden grenzüberschreitende Briefsendungen pro Jahr bewegen. Ohne moderne Brief-, Großbrief- und Paketsortieranlagen ein unmögliches Unterfangen. Technische Dokumentationen begleiten auch den Lebens zyklus der Sortieranlagen der Business Unit „Infrastructure Logistics“ der Siemens AG, die ihre Produkte weltweit vertreibt. Abgestimmt auf die jeweiligen Anforderungen sortieren die Systeme Briefsendungen automatisch nach Richtungen, Städten, Postfächern, Großkunden, Straßen und Hausnummern oder, wenn gewünscht, bis auf die Gangfolge der Zusteller. Je nach Maschinentyp bieten die Anlagen einen Durchsatz von bis zu 50 000 Sendungen pro Stunde. Dabei liefert das Unternehmen zu jeder Sortierstrategie ein exakt abgestimmtes System. Multifunktionalität in Hard- und Software zeichnet die Sortiermaschinen aus.

So qualitativ hochwertig wie die Anlagen sind, müssen auch die Technischen Dokumentationen sein, die sie beschreiben. Sie müssen nicht nur den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, sondern durch Kürze und gute Verständlichkeit Trainings- und Wartungszeiten minimieren helfen – und damit die „Total Cost of Ownership”. Daher ist für Siemens Infrastructure Logistics ein effizientes Ter minologiemanagement, das alle, die Text erstellen, bei ihrer Arbeit unterstützt, ein ideales Hilfs mittel. Softwareseitig sind Lösungen ideal, die mit allen Windows-Applikationen zusammenarbeiten, die Text aus der Zwischenablage erwarten und somit ein zentrales und konsequentes Terminologiemanagement für Office-Anwendungen, E-Mails, Stücklisten, Zeichnungen und Präsentationen bereitstellen.

Standardisierung von Texten – einfach und schnell

Ein Beispiel hierfür ist „TippyTerm“, eine Softwarelösung, in deren Entwicklung langjährige praktische Erfahrungen aus der Erstellung von technischen Dokumentationen und deren Übersetzung eingeflossen sind. Die Lösung vereint Datenbank, Extraktionsassistent (TermExtrakt) sowie WordCheck (Prüfen vorhandener Texte auf inzwischen verbotene Synonyme) in einem Tool. Bei der Entwicklung wurde großer Wert auf eine einfache, intuitive Bedienbarkeit gelegt, so dass kosten- und zeitintensive Schulungen komplett eingespart werden können. Zudem erleichtern eingebaute Workflows die zeitnahe Datenpflege erheblich. Am oberen Bildschirmrand als Werkzeugleiste platziert, beansprucht das Tool nur sehr wenig Raum und steht jederzeit zur Verfügung. Derzeit sind Sprach ebenen für Deutsch und Englisch bereits vordefiniert, prinzipiell lässt sich das Tool für jede Sprache einsetzen.

Eine Liste mit der Basisterminologie ist schnell und einfach angelegt: Hierzu muss der Anwender lediglich eine automatische Terminologieextraktion aus geprüften Dokumenten veranlassen, indem er die Datenbestände aus Formaten wie Word, Excel oder Text importiert. Abgelegt werden sämtliche Terminologielisten in einer zentralen Datenbank, auf die alle Benutzer zugreifen. Terminologielisten können projektabhängig erstellt, verwaltet und aktiviert werden. So hat ein Benutzer immer genau die Terminologie verfügbar, die er für seine aktuelle Aufgabe benötigt. Beispielsweise wird bei der Deutschen Post das Standardprodukt „Labeldrucker“ stets „Infoträgerdrucker“ genannt. Für solche Fälle sieht die Lösung vor, dass zur Basisterminologie noch eine zweite Terminologie hinzugeschaltet werden kann, in der nur noch die Ausnahmen gepflegt werden müssen. Eine konsequente Rechteverwaltung für Term-Manager und Benutzer ist integriert.

Eine Besonderheit der Lösung ist, dass sie die Standardisierung von Texten und ihrer Struktur auf der Basis eines sprachwissenschaftlichen Konzepts ermöglicht – einfach dadurch, dass Text auch aus mehreren Wörtern bestehen kann. Durch den Einsatz von „Kontrollierter Sprache“ (Controlled Language) können sti listische Exkurse, die im technischen Bereich erfahrungsgemäß oft falsch verwendet werden und somit ein Gefahrenpotenzial darstellen, durch Vorgabe vorge fertigter Satzteile vermieden werden.

Die Unterstützung beim Schreiben erfolgt zuverlässig via „Copy & Autocomplete“: Wird ein begonnener Ausdruck einfach markiert und kopiert, werden von TippyTerm Schreibweise und erlaubte Verwendbarkeit überprüft. Ein einziger Mausklick und die Auswahl ersetzt oder vervollständigt den zuvor markierten Text. Auf diese Weise lassen sich auch Satzteile automatisch vervollständigen – z. B. zusammengesetzte Termini, die fertige Handlungsanweisungen enthalten. Ist für den selektierten Begriff eine Abkürzung definiert, kann diese, die Benennung oder aber die standardisierte Definition (Benennung, gefolgt von Abkürzung in Klammern) verwendet werden.

Als Basis für die Korrekturen dienen eine Positivliste mit erlaubten Wörtern und eine Negativliste, die unerwünschte (verbotene) Wörter und Synonyme beinhaltet und diese auf das stattdessen erlaubte Wort abbildet. Wird also wie eben beschrieben ein verbotener Begriff markiert, so wird an seiner Stelle das erlaubte Synonym zur Auswahl angeboten.

Beispielanwendung Konstruktion

In den Konstruktionsabteilungen bei Siemens Infrastructure Logistics wird allgemein zweisprachig gearbeitet, mit Basissprache Englisch. Wird im englischen Text beispielsweise der Begriff „Holder“ verwendet, bietet das System für den deutschen Text entsprechend die Benennung „Halter“ an, sobald der der englische Wortanfang „HOL“ eingeben wird. So hat der Benutzer nicht nur die korrekte Benennung verwendet, sondern auch Zeit gespart, indem sein Text vervollständigt wurde. Die eingetragene Benennung wird vom Konstruktionsprogramm ab jetzt konsequent für die entsprechende Sachnummer verwendet.

 

Mit konsequentem Terminologiemanagement zum Erfolg

Wer ein konsequentes Terminologiemanagement in seinem Unternehmen einsetzt, arbeitet effizienter und wirtschaftlicher, steigert die Qualität seiner Texte und kann damit letztlich auch rechtlich sehr schnell auf der sicheren Seite ankommen. Da die Mitarbeiter erfahren, dass sowohl Missverständnisse und daraus resultierende Fehler als auch zeitaufwändige Terminologierecherchen vermieden werden, steigt die Akzeptanz für die eingesetzte Terminologie. So entwickeln die Mitarbeiter großflächig das Interesse, die Einhaltung der festgelegten Terminologie von Beginn der Produktentwicklung an sicherzustellen. Später werden die Leser der Betriebsanleitungen es danken, denn sie werden nicht über ein verwirrendes Durcheinander von Fachbegriffen stolpern, sondern können den Text mühelos verstehen.

Download

Kompletter Artikel als PDF: Konstruktion-09-2009.pdf »